Spezialmenü für Zwei

Nach zwei eher wehmütigen Beiträgen will ich hier eine freundliche Geschichte erzählen

Ingrid und Sonja, die beide den langjährigen Ehemann vor einigen Monaten verloren haben, leben im selben Haus. Eigentlich sind sie nicht befreundet, eher durch das gemeinsame Erleben zum selben Zeitpunkt am selben Ort verbunden. Sonja und Ingrid sind so verschieden wie ihre nordisch oder südlich klingenden Namen. Und doch haben sie eine gemeinsame Unternehmung entdeckt.

An zwei Wochentagen wird die jeweilig andere Bewohnerin bekocht. Die beiden Damen haben vereinbart, sich nicht gegenseitig einzuladen. Jede deckt ihren eigenen Tisch, jede bereitet sich eigenständig vor. Am Tag „Ingrid kocht“ wartet Sonja in ihrer Wohnung gespannt darauf, dass die Türglocke läute. Voll freudiger Neugierde öffnet sie und findet – schön angerichtet und portioniert – eine Mahlzeit auf einem Tablett, das Ingrid ihr übergibt. Die umgekehrte Variante findet mit gleichem Zeremoniell an einem anderen Wochentag statt.

Einmal wöchentlich wird so in jeder Wohnungen für zwei gekocht. Und es sind Menüs, die da ausgeheckt werden, die es in sich haben.

Bereits vor ihrem Kochtag stöbert Ingrid in ihren Büchern und konsultiert die einschlägigen Internet Seiten. Sorgfältig schreibt sie ihr Menü auf und notiert die nötigen Zutaten. Sie freut sich beim Einkauf, dass sie Kleinmengen besorgen darf und nicht die homöopathischen Portiönchen für Eine! Auch das Kochen auf dem richtigen Herd und in richtigen Pfannen freut sie. Für eine Person wäre ja die Puppenküche der Enkelin genügend.

Jede Woche einmal freut sich Sonja auf Ingrids Überraschungsküche, und Ingrid bereitet sich ebenfalls einmal wöchentlich auf Traiteur Service vor. Und jede kocht einmal in der Woche wieder so, wie zuvor viele Jahre lang: ein Spezialmenü für zwei.

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